Kapitel 20
(1) Diviacus, unter vielen Tränen Caesar umarmend, begann ihn zu
beschwören, er möge nicht zu streng gegen seinen Bruder vorgehen.
(2) Er wisse, daß jenes wahr sei und niemand empfinde darüber mehr Kummer
als er, und zwar deshalb, weil, während er selbst den größten Einfluß in
seiner Heimat und im übrigen Gallien besessen habe jener wegen seiner
Jugend ganz wenig gegolten habe und durch ihn emporgekommen sei: diese
Machtmittel und diesen Einfluß benutze er nicht nur zur Schwächung seines
Ansehens, sondern beinahe zu seinem Verderben.
(3) Er jedoch lasse sich durch Bruderliebe und die Meinung des Volkes
bewegen.
(4) Wenn ihm nun etwas zu schweres von Caesar widerfahre, obgleich er
selbst diese freundschaftliche Stellung bei ihm einnehme, werde niemand
glauben, er sei nicht mit seinem Willen geschehen; die Folge davon werde
sein, daß sich des gesamten Galliens Gesinnung von ihm abwenden würde. Als
er dies mit mehr Worten weinend von Caesar erbat, ergreift dieser seine
Rechte; er tröstet und bittet ihn, seinem Bitten ein Ende zu machen; er
weist darauf hin, daß ihm seine Beliebtheit bei ihm so viel gelte, daß er
sowohl das Unrecht dem römischen Staate gegenüber, als auch seine
persönliche Kränkung seinem Wunsche und seiner Fürbitte gleichsam schenke.
(5) Dumnorix ruft er zu sich; den Bruder zieht er hinzu; was er an ihm zu
tadeln hat, legt er da; was er selbst wahrnimmt, worüber sich der Stamm
beschwert, tut er ihm kund; für die Zukunft möge er all Veranlassungen zu
Verdacht vermeiden; das Vergangene, so erklärt er, verzeihe er dem Bruder
Diviacus zuliebe. Dem Dumnorix stellt Wächter, damit er, was er tut, mit
wem er sich bespricht, wissen kann.
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